"Nicht für Kommunismus, sondern
für gerechte Verteilung"
Interview | 9. April 2013, 14:31
- foto: der wandelFayad Mulla will mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft und flache Hierarchien in der Partei.
"Der Wandel"-Chef Fayad Mulla über die neue Partei und ihre politischen Ziele
In Österreich sprießen derzeit die Parteien, nun betritt noch eine Gruppe die politische Arena. "Der Wandel" tritt bei der Nationalratswahl im Herbst an. Der Vorsitzende der jungen Partei, Fayad Mulla, erklärt im derStandard.at-Interview die Ziele und Beweggründe von "Der Wandel".derStandard.at: Team Stronach, Neos, Piraten und jetzt auch "Der Wandel" - wie viele Parteien verträgt Österreich?
Mulla: Vertragen ist relativ. Man sieht an diesen neuen Bewegungen, dass sich viele Menschen in den bestehenden Parteien nicht wiederfinden, aber sehr wohl bereit sind, politisch aktiv zu werden. Also verträgt Österreich das auf jeden Fall. Ins Parlament einziehen werden natürlich nicht alle von diesen neuen Parteien.
derStandard.at: Was unterscheidet den Wandel von den anderen Parteien?
Mulla: Wir treten für eine gerechte Verteilung ein. Das ist ein Thema, das in Österreich brachliegt. Wobei es uns nicht nur um die finanzielle Verteilung geht, sondern auch um Verteilung von Macht und Chancen. Wir glauben, dass es größere Lösungen braucht. Es hat keinen Sinn, immer wieder auf kleinen Themen wie dem Parkpickerl herumzuhacken, wenn es in Europa und in der Welt viel brennendere Probleme gibt. Außerdem unterscheiden wir uns von den bestehenden Parteien durch neue Strukturen. Das macht für viele Leute, die sich schon aus der Politik zurückgezogen haben oder noch gar nie aktiv waren, einen Unterschied aus, weil sie bei uns auf die Partei Einfluss nehmen können.
derStandard.at: Die Umverteilung wird auch von der SPÖ propagiert. Wo ist der Unterschied zu Ihrem Ansatz?
Mulla: Die SPÖ will im Wahlkampf jetzt wieder für gerechtere Verteilung eintreten. Die Frage ist aber, was sie damit erreichen will. Sie hätte in der Regierung in den letzten Jahren jede Menge Gelegenheit gehabt, für gerechte Verteilung einzutreten, hat es aber nicht getan.
derStandard.at: Wie grenzt sich der Wandel von der KPÖ ab?
Mulla: Wir sind nicht auf extreme Abgrenzung aus, weil wir politisches Engagement grundsätzlich gut finden. Bei der KPÖ steckt aber schon im Namen das Kommunistische - ein veraltetes Konzept, mit dem wir uns nicht identifizieren.
derStandard.at: Das Volksbegehren "Her mit dem Zaster" ist auch für Umverteilung eingetreten, hat aber nicht genügend Unterstützungserklärungen gefunden. Warum glauben Sie, dass der Wandel mit diesem Thema punkten kann?
Mulla: Das Thema wird immer größer. Dass in Österreich fünf Prozent 45 Prozent des Vermögens besitzen, während 50 Prozent nur vier Prozent besitzen, bedarf mehr Aufklärungsarbeit. Wir versuchen das auch über Infografiken auf unserer Facebook-Seite, wo wir sehr komplexe Sachverhalte in einfacher Art und Weise darstellen wollen. Viele Leute haben einfach keine Vorstellung davon, wie ungerecht das Vermögen in unserem Land tatsächlich verteilt ist. In anderen Ländern Europas spürt man diese Ungerechtigkeit schon sehr stark, in Österreich ist das ein kontinuierlicher Prozess. Ich glaube schon, dass man viele Leute mit diesem Thema ansprechen kann. Uns fehlen aber natürlich die Möglichkeiten, die ein Stronach hat, der Plakate und Inserate zuhauf einsetzen kann.
derStandard.at: Hätten Sie etwas dagegen, wenn ein Milliardär Ihre Bewegung unterstützen würde?
Mulla: Natürlich freuen wir uns über alle, die den Wandel finanziell unterstützen. Das kann gerne auch ein wohlhabender Mensch sein. Es ist ja nicht so, dass die wohlhabende Schicht die reinen Profiteure der aktuellen Politik sind. Zum Beispiel betrifft sinkender gesellschaftlicher Zusammenhalt auch reiche Menschen - und das erkennen auch viele von ihnen. Wir treten ja nicht für Kommunismus ein, sondern für eine gerechtere Verteilung. Deswegen kann sich auch jeder Mensch, der mehr Geld hat, beim Wandel beteiligen, wird aber genauso behandelt wie jeder andere Spender auch.
derStandard.at: Haben Sie schon aktiv bei größeren Spendern angefragt?
Mulla: Wir sind dabei, sozialökologische Firmen anzufragen. Es gibt aber noch keine bekannten Namen, und bei Milliardären wird es ohnehin schwierig sein.
derStandard.at: Wie finanziert sich der Wandel aktuell?
Mulla: Nachdem es keine Förderung für neu gegründete Parteien gibt, auf Spendenbasis. Dabei setzen wir auch stark auf Crowd-Financing. Über die Plattform respekt.net konnten wir unser Wandel-Plakat finanzieren, das nun in allen Landeshauptstädten hängt. Dabei haben rund 70 Leute zwischen zehn und 500 Euro eingezahlt.
derStandard.at: Wie viele Spenden konnten Sie insgesamt sammeln?
Mulla: Bis jetzt ungefähr 8.000 Euro. Die SpenderInnen werden transparent auf unserer Homepage veröffentlicht. Ab 500 Euro muss das mit Namen sein, darunter kann es auch anonym sein.
derStandard.at: Wie viele Mitglieder gibt es?
Mulla: Bis jetzt sind es rund 70 Leute, die am Projekt arbeiten. Dabei gibt es ein Kernteam von zehn bis 15 Leuten, die sehr viel beitragen. Durch unser projektbasiertes Arbeiten können sich alle problemlos auf eigene Art einbringen.
derStandard.at: Wollen Sie der Spitzenkandidat sein?
Mulla: Das kann man jetzt noch nicht sagen. Wir werden im Sommer unsere Bundesversammlung abhalten. Jedes Mitglied hat das aktive und passive Wahlrecht. Alle können für einen Vorstands-, Listen- oder Platz im Rat kandidieren. In diesem Rat sollen sich auch zivilgesellschaftliche Organisationen mit einem unabhängigen Stimmrecht einbringen können.
derStandard.at: Im Parteiprogramm sprechen Sie sich für Frauenquoten in der Politik aus. Gilt das auch für den Wandel?
Mulla: Wir verfassen gerade unsere neuen Statuten, in denen wir eine Frauenquote von 50 Prozent festschreiben.
derStandard.at: Was ist das Wahlziel von Der Wandel?
Mulla: Wir wollen Leute für die Politik motivieren. Als ersten Meilenstein haben wir uns die Kandidatur und natürlich den Einzug in den Nationalrat gesetzt. (Rainer Schüller, derStandard.at, 9.4.2013)
Fayed Mulla (32) studierte Internationale Entwicklung und arbeitet heute für die SOS-Kinderdörfer. Er ist Vorsitzender der neu gegründeten Partei Der Wandel, die im Herbst bei der Nationalratswahl antreten will.